Berufen zur Freiheit

Datum: Sunday, 3. September 2023 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Gal 5,1.13

Freiheit – es ist vollbracht!
Bibelstellen: Galater 4, 21 – 5,1; 5,13 / Johannes 19,30 und andere.

Was denken wir, wenn wir Freiheit hören? Frische Luft, Weite. Ich sehe vor meinem inneren Auge einen Cowboy auf seinem Pferd in einer weiten Prärie. Oder ein Fallschirmspringer oder die Szene aus meinem Lieblingsfilm Braveheart, als William Wallace eine Armee von Bauern in die Schlacht gegen die Engländer zum Sieg führte und damit die Unabhängigkeit Schottlands einläutete.

Aber ganz ehrlich: Wer von uns bringt als erstes das wunderbare und starke Wort Freiheit mit dem Glauben an Gott in Verbindung? Für viele Menschen ist es schwer vorstellbar, dass der christliche Glaube eine Religion der Freiheit sein soll. Oft wird er als eine Weltanschauung voller Verbote und Auflagen verstanden. Und auch viele Christen erleben das leider so…

Was ist die christliche Freiheit?
Unser Jahresvers: „Ihr seid berufen, in Freiheit zu leben…“ (Gal 5,13a). In Galater 5,1 gibt uns Paulus einen Hinweis, was diese Freiheit bedeutet: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit!“ Jesus ruft uns in eine Freiheit, für die er uns befreit hat. Was hat denn Jesus für uns getan? Jesus ist für uns am Kreuz gestorben und was das für uns bedeutet, zeigt uns eindrücklich der Vorhang des Tempels der zeriss, in dem Moment als Jesus starb. Hebräer 9,1-9 sagt uns, dass im Tempel ein Vorhang das Allerheiligste – die Gegenwart Gottes – vom Rest des Tempels, wo die Menschen sich aufgehalten haben, separiert. Das machte den Menschen immer bewusst, dass sie Sünder sind, eben keine Heiligen, und so auch nicht dem Heiligen gegenübertreten konnten. (Jesaja 59,1-2).
Als Jesus starb nahm er alle unsere Schuld auf sich und der Vorhang des Tempels zerriss. Und Gott zog aus dem von Menschen gebauten Tempel aus, um niemals wieder in einen Tempel, der mit Händen gebaut wurde, einzuziehen (Apostelgeschichte 17,24). Sondern? „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ Wer glaubt, dass Jesus für die Sünde gestorben ist und das annimmt, was Jesus am Kreuz getan hat, der wird zu einem Tempel Gottes (1. Korinther 3,16) und jetzt kommts: „Der Herr (kyrios = Gott) ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.“ (2. Korinther 3,17)
Wir sehen hier: Die Grundlage der Freiheit bedeutet nicht tun und machen was man möchte, sondern die Nähe Gottes. Es geht um die persönliche Beziehung zu Gott, aus der alle Freiheit entspringt. Um das zu verstehen, lass uns einmal die Freiheit eines Fisches im Meer betrachten. Seine Grenzen sind das Wasser. Ausserhalb des Wassers ist nicht sein Gebiet. Ist nun ein Fisch im Meer frei oder gefangen? Natürlich, er ist frei! Weil sein Element das Wasser ist!
Was ist das Element von uns Menschen? Gott hat den Menschen geformt und ihm den Lebensatem gegeben. Das Element des Menschen ist die Gegenwart Gottes. „Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen.“ (Römer 11,36) Übertragen auf den Fisch bedeutet das, dass der Mensch nur dann wirklich frei ist und die Freiheit entdecken kann, wenn er in seinem Element ist, wenn er bei Gott ist. Aber genau diese Beziehung zu Gott ist so umkämpft.
Auf dem Spielfeld?
Viele Menschen erleben das Christsein, die Beziehung zu Gott, nicht befreiend, sondern eher als eng. Es fühlt sich manchmal so an, als ob Gott uns auf ein enges Spielfeld setzen würde und seine Gebote bilden die Seitenlinien.
Entsprechend diesem Bild geht es nun darum, möglichst keine Fehler zu machen, möglichst gut (Christ) zu spielen und ja nicht das Feld zu verlassen. Kennen wir die Sätze: „Du darfst nicht als Christ“ – „Ein Christ macht das nicht“ – „Als Christ tut man“. Natürlich gibt es Dinge, die man als Christen, als ein Nachfolger von Jesus, nicht tut oder eben tut. Aber wenn unsere Beziehung mit Gott dadurch lebt ein guter „Spieler“ zu sein dann wird es sehr schnell schwierig. Was, wenn ich einmal verletzt bin? Was wenn ich einen schlechten Tag erwische? Was, wenn ich die Freude am Spiel verliere? Was, wenn die anderen alle viel besser sind als ich?
„Zur Freiheit hat Christus uns befreit!“ (Galater 5,1) Um zu begreifen, dass Gott uns eben nicht auf ein Spielfeld mit Linien berufen hat und was diese Freiheit für unsere Gottesbeziehung bedeutet, müssen wir ein Kapitel zurückgehen zu Galater 4. Galater 5,1 ist Schlussfolgerung von dem, was vorher geschrieben wurde.

Der Alte und der Neue Bund
Alter Bund
In Galater 4 wird anhand von Hagar und Sarah, der Alte Bund und der neue Bund beschrieben. Ein Bund ist eine lebenslange verpflichtende Bindung zwischen zwei unterschiedlichen Parteien. Wenn die Bibel von einem Bund spricht, dann geht es darum, wie Gott mit uns Menschen in Beziehung treten möchte, wie er sich an uns binden möchte. Und in der Bibel gibt es einfach gesagt zwei Bünde. Der Alte Bund und der Neue Bund. Paulus schreibt in Galater 4: „Am Beispiel dieser beiden Frauen (Hagar und Sarah) will uns Gott zeigen, wie verschieden seine beiden Bündnisse mit den Menschen sind.“ (:24a)
Kontext: Gott versprach Abraham einen Nachkommen. Doch dieser liess auf sich warten. Seine Frau Sarah wurde einfach nicht schwanger. In seiner Ungeduld versuchte Abraham dann mit menschlicher Kraft die Verheissung Gottes selbst zu erfüllen und nahm Hagar, Sarahs Sklavin, und schlief mit ihr. Daraus entstand Ismael (vgl. 1. Mose 16). Paulus schreibt über diese Geschichte: „Den einen Bund, für den Hagar steht, schloss Gott auf dem Berg Sinai mit dem Volk Israel, als er ihm das Gesetz gab. Dieses Gesetz aber versklavte uns“ (:24)
Was ist am Berg Sinai geschehen? Gott ist mit dem Volk Israel eine Beziehung, einen Bund, eingegangen, den sogenannte Alte Bund. Die Grundlage des Alten Bundes war das Gesetz Mose. Das Gesetz bestand aus den Zehn Geboten und 603 anderen Gesetzen, insgesamt 613 Gesetze, welchen die Israeliten gehorchen mussten als Basis ihrer Gottesbeziehung. Dieser Bund war ein Spielfeld mit ganz vielen Linien. Hast du ein Gebot gebrochen, hast du das ganze Gesetz gebrochen. Die Gottesbeziehung musste also aus menschlicher Kraft gelebt werden. So wie Abraham aus menschlicher Kraft den verheissenen Sohn zeugen wollte. Aber niemand konnte alle Gebote einhalten. Dann musste geopfert werden und es fing wieder von vorne an. Durch das wurden die Menschen Sklaven unter dem Gesetz. Sie mühten sich ab, schufteten, versuchten Gottes Maßstab zu erfüllen, ohne es je zu schaffen. Das Gesetz einzuführen war nicht ein Fehler von Gott, sondern er wollte uns dadurch etwas zeigen: Aus eigener Kraft, aus menschlicher Kraft, funktioniert es bei Gott nicht. Wir können die Beziehung zu Gott und die damit verbundene Freiheit und die vielen Verheißungen der Bibel nicht aus eigener Kraft erlangen.

Neuer Bund
Doch dann begegnete Gott Abraham nochmals und wiederholte die Verheissung, dass seine Frau Sarah einen Sohn bekommen wird. Abraham dachte: »Wie kann ich mit 100 Jahren noch einen Sohn zeugen? Und Sara ist schon 90, wie kann sie da noch Mutter werden?« (1. Mose 17,17)
Aus menschlicher Kraft war das unmöglich. Aber Gott schenkte es. Und genau das ist der grosse unterschied des Alten Bundes und des Neuen Bundes: „Der Sohn der Sklavin (Hagar) wurde geboren, weil Abraham endlich einen Sohn haben wollte (menschliche Leistung), der Sohn der Freien dagegen, weil Gott ihn versprochen hatte (geschenkt).“ (:23)
„Wir aber, meine lieben Brüder und Schwestern, sind nicht die Kinder der Sklavin, sondern der Freien! Zur Freiheit hat Christus uns befreit!“ (Galater 4,31 – 5,1) Die Freiheit unseres Jahresvers bezieht sich auf den neuen Bund. Christus hat uns befreit zu etwas hin: nämlich zur Gottesbeziehung.
Warum erleben wir denn die Beziehung zu Gott so oft nicht als befreiend? Weil wir ständig den neuen Bund, der uns geschenkt ist durch Jesus Christus, mit dem alten Bund unserer menschlichen Leistung mischen.

Wann reicht es?
Letzte Woche habe ich mit einer Frau ein interessantes Gespräch geführt. Wegen ihrer aktuellen Lebenssituation mit Alltag und Kindern ist es für sie schwierig, ihre Beziehung mit Gott zu „pflegen“. Sie hatte eine Begegnung mit einer anderen, älteren Frau, die so richtig „feurig“ mit Gott unterwegs ist mit Gebetswochen und fasten und Bücher lesen etc… und diese tolle Begegnung wurde zum Frust: „Wenn ich so viel Zeit hätte wie diese Frau, dann wäre ich auch so mit Gott unterwegs. Aber ich weiss einfach nicht, wann und wie ich das tun sollte. Wenn ich mehr beten würde und die Bibel lesen würde, ja dann währe meine Beziehung zu Gott auch viel besser. Vielleicht klappt es dann mit Gott besser, wenn die Kinder grösser sind.“
Kennen wir solche Gedanken oder ähnliche? Was ist passiert?

Der Lebensstil eines anderen Christen wurde als Maßstab genommen. „Wenn ich so leben würde wie diese Frau, ja dann könnte ich auch so eine Gottesbeziehung leben – kein Wunder erlebt sie so viel!“

Eigene Maßstäbe für eine gute Gottesbeziehung wurden gesetzt. „Wenn ich mehr beten und Bibellesen würde, dann wäre meine Beziehung zu Gott besser.“ Und weil sie das im Moment nicht schafft, findet sie sich damit ab, dass ihre Beziehung mit Gott halt nicht so das Gelbe vom Ei ist.

„Wenn ich so leben würde… Wenn ich das machen würde…“ Sehen wir das Denken des Alten Bundes? Beten und Bibellesen ist wichtig, sehr sogar! Aber Frage: Wann reicht es? Wann ist es GUT GENUG um vor Gott gut dazustehen? Wann hast du genug gebetet? Du siehst immer jemand, der mehr betet als du. Wann hast du genug Bibelgelesen? 30 Minuten? Ein Stunde? Muss man am Sonntag auch Bibellesen wenn man noch in die Kirche geht?
Wenn du irgendetwas tust, sei es Fasten, dein Geld geben, deine Bibel lesen, Gott dienen, beten oder irgend eine andere GUTE SACHE, um dir die Gunst Gottes zu erwerben, lebst du nach dem Gesetz des Alten Bundes und nicht in Freiheit.

Der wichtigste Bibelvers
Liebe Gemeinde: Wenn es einen wichtigsten Bibelvers geben würde in der Bibel, (gibt es natürlich nicht ) dann würde ich sagen: Johannes 19,30. Jesus schreit vor seinem Tod: „Es ist vollbracht“. Das ist unser „GENUG“. Das ist der Massstab für unsere Beziehung mit Gott. Ohne das vollbrachte Werk von Jesus können wir keine Beziehung zu Gott leben (Religion ist natürlich möglich), wir haben keine Errettung, keine Heilung, keinen Segen und auch keine Zukunft im Himmel. Als Jesus diese Worte proklamierte, proklamierte er auch, dass das Werk des Kreuzes absolut und ausreichend war und ist, auch für die junge Frau, die im Moment frustriert ist und keine Zeit zum Bibellesen hat, und es ist auch genug für dich.
Wir verstehen unseren Glauben so oft vor dem Kreuz. Wir wollen Gott ein Opfer bringen, ihm etwas geben, beweisen und seine Gunst erarbeiten. „Schau mal Gott…“ Aber wir müssen lernen nach dem Kreuz unseren Glauben zu leben. „Es ist vollbracht“. Es braucht kein Opfer mehr, es braucht unseren Glauben an das vollbrachte Werk von Jesus Christus. Und das ist genug! Wie schwierig ist es für uns, das zu glauben. „Das geht in meinem Verstand nicht auf! Das kann ich fast nicht annehmen“ meinte die Frau. Was meinst du?

Veränderte Herzen
Galater 5,1: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!“ Wir müssen lernen fest zu stehen, in dem was Jesus für uns getan hat. Ich sagte der Frau: „Jedesmal wenn du denkst es reicht nicht, dann danke Jesus für das vollbrachte Werk am Kreuz.“ Lass uns das alle ausprobieren in der kommenden Woche.
Aber ist dieser Gedanke nicht gefährlich? Werden wir so nicht liberal? Nein, die nächsten Predigten werden wir darüber reden. Die Freiheit, die Jesus uns schenkt ist die Beziehung zum allmächtigen Gott. Und diese Beziehung in Freiheit wird uns verändern und uns auch freisetzen Gott zu dienen. Wie wollen wir für Gott leben, wenn wir ständig etwas tun müssen, um vor ihm bestehen zu können? Erst in einer freien Beziehung mit Gott, können wir ihm von Herzen dienen.
Gott spricht durch den Propheten Jeremia über den neuen Bund: „Ich schreibe mein Gesetz in ihr Herz, es soll ihr ganzes Denken und Handeln bestimmen.“ Die Gebote Gottes sind keine Linien mehr auf einem engen Spielfeld, sondern sie werden zur Herzenssache. Das ist ein gewaltiger Unterschied! Gebote müssen befolgt werden. Was wir im Herzen tragen, machen wir aus Überzeugung und aus einer inneren Freiheit.

Amen

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