Suchet der Stadt Bestes
Serie: | Bibeltext: Jeremia 29,4-7
Die Situation
Das Volk Israel und speziell seine Anführer, also die Könige, Hohepriester und auch die meisten Propheten waren Gott über lange Zeit immer wieder aufs neue untreu geworden. Gott hat sein Volk immer wieder vor den Konsequenzen gewarnt. Und nun ist es so weit gekommen. Nebukadnezar, der König der Babylonier, hat mit seinen Truppen Jerusalem angegriffen und die Stadt eingenommen. Um die Stadt zu schwächen liess er einen grossen Teil der Oberschicht von Jerusalem sowie einige zum Wiederaufbau wichtige Berufsgruppen nach Babel deportieren.
Diese Juden im Exil wussten nicht so recht, wie sie sich in dieser Situation verhalten sollten. Es gab falsche Propheten im Land. Die verkündeten, dass diese Deportation nur von kurzer Dauer sein würde, weil Gott ja sein Volk nicht einfach vergessen oder verlassen würde. Im vorangehenden Kapitel behaupten diese falschen Propheten, dass Gott nach 2 Jahren die Macht von König Nebukadnezar zerbrechen werde (Jer 28,10).
In dieser Situation bekommt Jeremiaden Auftrag von Gott aus Jerusalem einen Brief an die Verbannten im Exil zu schreiben (Jer 29,1). Jeremia soll ihnen Gottes wahre Worte zukommen lassen.
Predigttext
Jeremia 29:4-7 (GNB) Der Gott Israels, der Herrscher der Welt, sagt zu allen, die er aus Jerusalem nach Babylonien wegführen ließ: 5 »Baut euch Häuser und richtet euch darin ein! Legt euch Gärten an, denn ihr werdet noch lange genug dort bleiben, um zu essen, was darin wächst! 6 Heiratet und zeugt Kinder! Verheiratet eure Söhne und Töchter, damit auch sie Kinder bekommen! Eure Zahl soll zunehmen und nicht abnehmen. 7 Seid um das Wohl der Städte besorgt, in die ich euch verbannt habe, und betet für sie! Denn wenn es ihnen gut geht, dann geht es auch euch gut.«
Verhalten im «Exil»
Schauen wir nun auf die schriftliche Anordnung an, welche Gott durch Jeremia den Juden im Exil gibt. Diese kurze Anordnung hat gleich mehrere Ebenen.
Häuser bauen
Als erstes sollen sie Häuser bauen und sich niederlassen. Also keine Zelte aufstellen für ein paar Wochen oder Monate «Urlaub». Sondern die Deportierten sollen sich auf eine längere Frist einstellen. Etwas später, im Vers 10 wird Gott dann noch konkreter und nenn 70 Jahre als Richtwert.
Gärten anlegen, Früchte pflanzen
Ausserdem sollen die Deportieren zu ihren Häusern auch Gärten anlegen, um die Früchte davon zu essen. Auch das ein Hinweis auf die längere Dauer. Wer in seinem Garten Obstbäume oder Reben pflanzt, der muss sich erst ein paar Jahre gedulden, bis er wirklich den vollen Ertrag ernten kann, so dass sich die Arbeit für das Anlegen des Gartens, also die Investition gelohnt hat.
Einen Garten anlegen bedeute aber auch eine gewisse Selbständigkeit haben. Man ist nicht einfach auf andere angewiesen, sondern kann sich – zumindest ein Stück weit – selber versorgen.
Und schliesslich steckt auch etwas von Gottes Gnade in den Anweisungen drin, dass sie sich Häuser bauen und Gärten anlegen sollen. Das Exil ist zwar die Konsequenz vom Ungehorsam des Volkes Israel, aber diese Konsequenzen sollen trotzdem einigermassen erträglich sein. Fern von der Heimat, vom verheissenen Land und dem Tempel wohnen zu müssen, das ist schon Strafe genug.
Nachkommen
Noch deutlicher wird diese Gnade bei der Aufforderung Nachkommen zu haben. Hier wird deutlich: Auch die Deportierten haben trotz allem eine Zukunft. Gott hat sie nicht vergessen. Sie sind nicht dem Untergang geweiht. Gott hat sie nicht aufs «Abstellgleis» gestellt, wo sie nun jämmerlich zugrunde gehen sollen. Nein, selbst im Exil soll das Volk Israel grösser werden. Das macht nur Sinn, wenn auch dieser Teil des Volkes eine Zukunft hat, wenn auch sie eines Tages zurück dürfen ins verheissene Land.
Die Untreue des Volkes hat Konsequenzen, die mitunter hart sind. Aber trotzdem hat Gott sein Volk nicht verstossen, lässt es nicht zugrunde gehen, sondern Gott bleibt seinem Versprechen treu – auch durch das Exil hindurch.
Das Beste suchen
Und dann folgt der wohl bekannteste Vers des ganzen Abschnittes: «Suchet der Stadt Bestes» wie es in der Lutherbibel übersetzt wird. Doch was ist das Beste für eine Stadt? Was denkst du? Was ist das Beste für die Stadt Sursee oder für den Ort, wo du wohnst? Was wäre das Beste, was einer Stadt passieren kann?
Die Antwort ist schlicht und einfach: Dass die Bewohner der Stadt Gott kennen lernen. Ok, das ist jetzt eine schön fromme Antwort. Aber ganz ehrlich, glaubst du das zutiefst in deinem Herzen? Dass zum Beispiel für Sursee nicht ein ausgeglichenes Budget, oder mehr Steuereinnahmen oder Wirtschaftswachstum das Beste ist, sondern wenn möglichst viele Menschen aus der Stadt eine lebendige Beziehung zu Gott dem Vater, zu Jesus Christus und zum Heiligen Geist haben!
Natürlich ist es nicht so, dass sich alle Probleme und Herausforderungen einer Stadt in Luft auflösen, wenn viele ihrer Bürger an Gott glauben. Aber ich bin überzeugt, dass vor allem wenn auch diejenigen, welche Verantwortung tragen in einer Stadt, wenn die an Gott glauben und sich von seinem Geist führen lassen, dass sie dann eben die beste Grundlage haben, um die vorhandenen Probleme erfolgreich angehen zu können. Dann geht es natürlich ganz konkret darum, diese vorhanden Probleme zu lösen oder zumindest einen Beitrag zur Lösung zu machen.
Die Deportierten sollen für die Stadt zum Segen werden. Das ist keine neue Aufgabe für sie. Schon Abraham hatte die Verheissung von Gott erhalten, dass Gott ihn segnet, damit er zum Segen für alle Völker werden kann.
Die Deportierten befinden sich dabei in einer herausfordernden Situation. Sie sind in einem fremden Land, mit fremden Göttern und Bräuchen, einer fremden Sprache und Kultur. Und sie sind eine kleine Minderheit ohne jede Macht. Und doch fordert Gott sie auf, das Beste für die Stadt zu suchen. Die Israeliten sollen sich nicht einfach resigniert zurückziehen in ihr Ghetto und darüber jammern, dass sie ja eh nichts bewirken können in dieser fremden und für sie bösartigen Umgebung. Gott traut ihnen offen bar zu, dass sie einen Einfluss haben – mit seiner Hilfe.
Beten
Eine ganz konkrete Aufgabe, wie sie in der Stadt Babel zum Segen werden können, nennt Gott: Sie sollen beten für die Stadt beten, für die Bewohner und auch für ihre Obrigkeit.
Das ist für die Deportieren eine weit grössere Herausforderung, als wir das oft denken. Der Gottesdienst des Volkes Israel war sehr eng geknüpft an den Tempel in Jerusalem und mit dem Heiligen Land überhaupt. Der Tempel war der Ort, wo man Gott begegnen konnte. Das Heilige Land der Boden, wo man gebetet hat. Doch der Tempel ist geplündert und entweiht worden durch Nebukadnezars Heer. Und ausserdem ist der Tempel im Besonderen aber auch das ganze Heilige Land auch noch weit, weit weg. Die Deportieren müssen erst begreifen, dass Gebet und Gottesdienst überall möglich ist. Auch wenn Gott sich gerade im Tempel besonders seinem Volk gezeigt hat, so ist er überhaupt nicht an diesen einen Ort gebunden.
… für die fremde Stadt
Aber nicht nur der Ort ist eine Herausforderung für das Gebet. Sie sollen für die fremde, heidnische, ja feindliche Stadt beten. Für die Freunde, die Familie, ja für das eigene Volk zu beten, das ist das eine. Aber für die Feinde zu beten!
Mir ist an der Stelle wichtig zu betonen, dass dies nicht die Fehler oder die Gräueltaten, welche die Babylonier zweifellos am Volk Israel getan haben, in irgend einer Form billigt! Nur weil die Deportierten für die Babylonier beten sollen, heisst das nicht, dass die Babylonier richtig gehandelt haben! Im Gegenteil: Fürbitte kann ja gerade zur Verbesserung der Situation führen. Wenn sich die Israeliten dafür einsetzen, dass die Babylonier das Beste, nämlich Gott kennen lernen, dann wird sich ihre Situation über kurz oder lang zum Guten verändern!
Für die Stadt zu beten, das heisst ja, die Stadt und ihre Bewohner vor Gott zu bringen. Und das kann auch zum Gericht führen über die Menschen, welche schlecht handeln, über die Obrigkeit, die ungerecht ist. Auch das schliesst beten für die Stadt mit ein.
… damit es auch euch gut gehe
Der Schluss, «Denn wenn es ihnen gut geht, dann geht es auch euch gut.» Ist nicht egoistisch zu verstehen. Es geht nicht darum, berechnend auf den eigenen Vorteil zu schauen. Sondern es ist die schlichte Tatsache: In einer Stadt, in der Recht und Gerechtigkeit nach den Massstäben Gottes herrschen, da geht es der ganzen Bevölkerung gut, auch den ausländischen Minderheiten.
Amen.